Mittwoch, 31. Januar 2007

Aktualität

Die Aktualität eines Buches, eines Theaterstücks oder eines Film ist eine massgebende Komponente in seiner Rezeption - was aktuell ist, wird gelesen, gespielt, geschaut; so könnte man denken.
Betrachtet man Werke wie Hamlet - A Denmark Corporation oder Hitchcocks' Vertigo, so gibt es zwei Erkenntnisse über Aktualität (so bin ich auf das Thema gestossen):
a) Aktualität, so zeigt die Hamlet-Adaption, ist nicht mit Synchronizität zu verwechseln. Nur weil etwas so aussieht, als gehörte es in die heutige Welt, bedeutet das noch nicht, dass es aktuell ist.
b) Vertigo hingegen war bei seinem Erscheinen noch nicht aktuell, was der geringe Erfolg deutlich zeigt, schaffte es jedoch rund 10 Jahre später sowohl vom Publikum als auch von der Kritik als aussagekräftig - und aktuell - aufgenommen zu werden.
Damit ist noch nicht erfasst, was Aktualität eigentlich ist. Ich gehe davon aus, dass es die Funktion von Kunst im Allgemeinen ist, uns die Kontingenz der Realität aufzuzeigen. Was ist, muss nicht sein - das könnte die abgekürzte Formel für jede Art von Kunst sein. Aktualität setzt nun beim "was ist" ein - damit ein Kunstwerk aktuell ist, muss es etwas über die heutigen Zustände aussagen. Die Formel an sich genügt dafür nicht - Die Weber ist heute kein aktuelles Stück mehr, weil es weder was über heutige Arbeitsbedingungen noch etwas über heutige Familienstrukturen besagt, es ist lediglich ein Zeitdokument (und als solches durchaus wertvoll).
Was verhindert nun die Aktualität des Hamlet-Films und ermöglicht die Aktualität von Vertigo? Hamlet ist, anders als Ethan Hawke meint, gerade nicht das Drama von Kurt Cobain. Cobain war im Grunde ein egoistischer Nihilist - alles ist scheissegal und wird scheissegal sein, yeah, yeah. Hamlet erstickt an seiner Verantwortung, wär ihm alles scheissegal, dann könnt er ja den Plausch mit Rosenkranz und Guildenstern in England noch fast geniessen, schliesslich gibt sich Laertes in Paris auch Wein, Weib und Gesang hin. Hamlet geht tiefer, er stellt Grundfragen (Wie orientiert man sich ohne Vater? Wie geht man mit dem Begehren nach der Mutter um? Was kann, darf, soll Liebe?) - die ihre Aktualität nie verlieren. Hamlet ist gerade nichts scheissegal.
Vertigo ist ganz ähnlich, nur spricht der Film (man schaue sich Zizeks Film an) die Struktur unserer Phantasien an - wie auch unsere Albträume.

fecundity

In loser Serie englische Wörter, die ich nicht kannte - Bentham berechnet die fecundity einer Handlung, da wusst ich nicht, was das nun heissen soll. Nun weiss ichs.

Meine Terminliste - KGTd

Unten hab ich meine aktuelle Taskliste aus KGTd eingefügt - folge zwar David Allens Prinzipien (Getting Things Done) noch nicht wirklich, aber ein Versuch ists immer mal wieder wert.
Nun müsste mal nur noch diese Tasks der Farbe nach abarbeiten - und schön könnte man die Ferien geniessen. Gäbs da nicht diesen mentalen Eintrag, der irgendwie eine Farbe hat, die allen anderen übergeordnet ist: procrastinate...

Lifecycle of a Blogger

Da ich nun weniger zu schreiben beginne, fragt man sich, ob es mit diesem Blog schon wieder zuende geht, obwohl er erst gerade eine Lesergemeinde gefunden hat. Mitnichten.

Hier kann man nachlesen, welche Karriere mir bevorsteht. Auf dem Lifecycle bin ich wohl erst auf Stufe 2 angelangt, aber das kann ja mal heiter werden...

Freitag, 26. Januar 2007

Liesme

Knitting, as they call it, scheint nicht nur in der Schweiz, wo man gelegentlich von Schweizermeisterschaften (die von Männern organisiert und dominiert werden), total in zu sein, sondern vor allem in der USA. Wenn man diesen Blog liest, wird einem deutlich, was da wirklich abgeht.
Die Autoren von Freakonomics haben in ihrem Blog eine Einsendung veröffentlicht, wonach diese Strick-Community dermassen viel Strickwolle kauft, dass die Bank der Firma, die dieses krasse Material herstellt, ihre Konten gesperrt hat, weil sie so viel Geld eingenommen haben.

SF spart - und...

Im Tagi gelesen: SF streicht Formel 1 aus Programm - da nur eine Gebührenerhöhung von 2,5% bewilligt wurde. Peter Sauber ist empört, schliesslich wollten das so viele Leute immer schauen; Formel 1 auf Schweizerdeutsch, und erst recht, seit BMW den Sauber-Renn"stall" übernommen hat. Drei Gedanken ergeben sich sofort:
a) Man könnte an sinnloseren Orten sparen.
b) Es gibt ja Formel 1 immer noch auf Sendern mit kompetenten und kritischen Moderatoren.
c) Man könnte auch an Orten sparen, wo der Öffentlichkeit nicht ganz so schmerzhaft ins Bewusstsein gerückt wird, dass gespart wird.

Und c) führt gleich zu weiteren Überlegungen, die sich auch aus dem Tagi-Text ergeben: SF macht nicht transparent, wo genau wie viel gespart wird. Warum auch? Schliesslich wird es ja über Zwangsgebühren finanziert, wer würde da schon Transparenz erwarten. (Man liest ja auch in der Weltwoche, dass SF auch keine Auskunft über Produktionskosten von Sendungen abgibt.) Alle Ironie beiseite: Das muss ein Ende haben. Die genauen Daten (Zuschauerzahlen, Kosten, Gehälter etc.) müssen von SF jährlich publiziert werden und Entscheide so begründet. Dass da gewisse Leute selbstherrlich ein Programm machen ohne dem Markt ausgesetzt zu sein, wirkt leicht anachronistisch.

Dienstag, 23. Januar 2007

Déjà vu

Ich liebe ja die amerikanische Aussprache dieses Begriffs, lautlich nachzuahmen traue ich mir kaum zu - aber der neueste Film von Tony Scott (und Jerry Bruckheimer) entspricht dieser Liebe kaum.
Der Topos der Zeitreise wäre ja an sich verheissungsvoll - tiefgründige Überlegungen und Hochspannung könnten sich vereinbaren lassen. Aber wenn der Film auf der gedanklichen und wissenschaftlichen Ebene (»we just bendt space« - hä?) so unbedarft daherkommt und die Figuren psychologischen so unglaubwürdig agieren, vergehen einem auch die guten Momente (z.B. die Brille, mit der man die beim Autofahren die Vergangenheit sieht). Letztlich stellt der Film ein paar Fragen, aber kaum die richtigen, und warum jetzt diese Fähre letztlich explodieren musste, weiss kein Mensch. (Ausser, dass es manchmal eine »divine intervention« braucht...)

Donnerstag, 18. Januar 2007

Plagiate

Auch wenn wir heute immer noch dem Geist der Originalität verpflichtet sind, wonach alles eigen, neu, innovativ sein soll - so ist doch alles wiedergekäut, Zitat, abgeschrieben. Nur abzuschreiben wäre vielleicht fast konsequenter, als sich für Originalität zu plagen und anstatt aufzunehmen, nur noch zu produzieren...

»Heute«, beklagte sich Herr K., »gibt es Unzählige, die sich öffentlich rühmen, ganz allein große Bücher verfassen zu können, und dies wird allgemein gebilligt. Der chinesische Philosoph Dschuang Dsi verfaßte noch im Mannesalter ein Buch von hunderttausend Wörtern, das zu neun Zehnteln aus Zitaten bestand. Solche Bücher können bei uns nicht mehr geschrieben werden, da der Geist fehlt. Infolgedessen werden Gedanken nur in eigner Werkstatt hergestellt, indem sich der faul vorkommt, der nicht genug davon fertigbringt. Freilich gibt es dann auch keinen Gedanken, der übernommen werden, und auch keine Formulierung eines Gedankens, die zitiert werden könnte. Wie wenig brauchen diese alle zu ihrer Tätigkeit! Ein Federhalter und etwas Papier ist das einzige, was sie vorzeigen können! Und ohne jede Hilfe, nur mit dem kümmerlichen Material, das ein einzelner auf seinen Armen herbeischaffen kann, errichten sie ihre Hütten! Größere Gebäude kennen sie nicht als solche, die ein einziger zu bauen imstande ist!« - Brecht, Geschichten von Herrn Keuner

Mittwoch, 17. Januar 2007

M-Ness, finally

Ein lange gesuchter Artikel ist heute aufgetaucht - im Sommer habe ich in Der Zeit von der neuen Männlichkeit gelesen: Das Rollenbild des Mannes, der dazu verdammt ist, eine "politisch korrekte, friedliche, frauenfreundliche, vollkommen spontane und selbstironische Erektion zu haben", wirkt im Bett gelähmt. Er handelt als "verkappte Frau", sollte aber trotzdem eine lockere "M-Ness" (Maskulinität) an den Tag legen.
Mehr sei nicht mehr gesagt, der Artikel ist gleichermassen unterhaltsam und lesenswert, so dass ich ihn gleich doppelt verlinke:
http://zeus.zeit.de/text/2006/30/Liebhaber

Soweit musste es kommen

Mit diesen Worten wird auf meinen Blog verlinkt:
"Habt ihr einen Blog, aber euch fehlen die Leser? Dann hackt ein bisschen auf «heute» herum. Dies kann nun doch jeder, nicht wahr?"
Hab mir schon fast gedacht, das heute-Bashing müsse eine Ende nehmen, aber dann liegts halt doch wieder so verführerisch in der S-Bahn und ich ertappe mich beim Tippen.

Dienstag, 16. Januar 2007

Spitzensport

Wenns einen Aufhänger braucht, um über Spitzensport zu sprechen, dann solls die chemische „Präparation“ von Skipisten in den Schweizer Bergen sein, die gleichzusetzen ist mit einer Vergiftung der Flora und eine massive Erosion zur Folge haben wird. Aber seien wir ganz allgemein: Spitzensport (definiert als bezahlter Sport) gehört abgeschafft, in jeder Form, jede Sportart, überall.
Hier ein paar Gründe (wie immer bei mir recht pointiert):
1. Ganz ökonomisch gedacht: Spitzensport rentiert selten. Wir sprechen nicht von Mega-Events wie den olympischen Spielen oder einer Fussball-WM, sondern von regulär stattfindenden Events. Davon gibt’s wenige, die ohne Beteiligung der öffentlichen Hand auskäme. Mehr als hundert Arbeitskräfte aus Militär und Zivildienst haben die Pisten in Wengen und Adelboden präpariert. Stadien werden (selbst für eine Fussball-EM) immer subventioniert usw.
2. Spitzensport schadet allen ihn praktizierenden Athleten. Praktisch ohne Ausnahme kann man heute in keinem Sport Spitze sein, ohne seinem Körper irreversiblen Schaden zuzufügen.
3. Es gibt fast keine Sportart, in der Doping oder Betrug keine Rolle spielt. Kontrollen werden zur Farce und eine Freigabe von Doping ist keine Lösung. Doping wird aber (aufgrund seiner Kosten) erst attraktiv, wenn man mit Sport Geld verdienen kann.
4. Die vom Sport ausgelösten Emotionen bei den Zuschauenden sind Emotionen, die wir eigentlich überwunden glaubten. Sport fördert einen primitiven Nationalismus, der mit der europäischen Idee und einem zivilisierten Weltbild nicht vereinbar ist, führt zu religiöser Überhöhung gewisser Figuren, Sport ist eine grosse Illusion.
5. Die Globalisierung der Sportwelt für zu absolut unsinnigen Reisen solche Anlässe rund um den Globus. Für Grossveranstaltungen werden Jahr für Jahr Bauten errichtet, die so niemand braucht.
Fazit: Nein, Sport an sich ist schon was Gutes, wer wollte das bestreiten, und nein, kompetitive Auseinandersetzung hat auch Positive Aspekte und soll nicht eliminiert werden. Doch Sport kennt ein vernünftiges Mass - und das wird beim Spitzensport in jeder Hinsicht überschritten.

Formatierungen in Blogger

Sobald ich längere Einträge schreibe, wird der Zeilenabstand geringer. Html bearbeiten bringt nichts, dort hat es keine Html-Tags. Was tun?

Der homosexuellste Mann

heute berichtet gestern (S. 18) über den "homosexuellsten Mann" im Supermarket, der sich am Wochenende angeblich schamlos an eine Blondine rangemacht hat. Nun wissen wir auch, dass sexuelle Präferenzen graduell zu sehen sind. Man fragt sich, was wohl der heterosexuellste Mann an diesem Anlass getrieben hat und wie es wohl den wenig homosexuellen Frauen ergangen ist.

Ansichten eines Clowns

Bölls Gesellschaftskritik aus den 60er-Jahren wiedergelesen (oder zumindest teilweise, dtv). Es fällt auf, wie abgedroschen die Kritik an katholischer Kirche und bürgerlicher Borniertheit ist - auch wenn solche Werke gerade erst ermöglicht haben, über die Wirkung von Ideologie und zwanghafter gesellschaftlicher Anpassung zu reden.
Böll ist hier ein Meister der mise en abîme, immer wieder ist die ganze Haltung und der Weg seines Clowns im Kleinen schon enthalten, z.B. bei der Referenz auf Siegfried, mit der er sich identifiziert. Der Akt der stellvertretenden Entjungferung bezieht er auf sich und sein Verhältnis zu Marie, die eigentlich seine Frau ist, obwohl sie schon vor seiner Beziehung zu ihr mit Züpfner zusammen war.

In der Schule hatte es Spezialisten für die Frage gegeben: wie schwer es sei, ein Mädchen zur Frau zu machen, und ich hatte dauernd Gunther im Kopf, der Siegfried vorschicken musste, und dachte an das fürchterliche Nibelungengemetzel, das dieser Sache wegen entstanden war, und wie ich in der Schule, als wir die Nibelungensage durchnahmen, aufgestandne war und zu Pater Wunibald gesagt hatte: »Eigentlich war Brunhild doch Siegfrieds Frau«, und er hatte gelächelt und gesagt: »Aber verheiratet war er mit Krimhild, mein Junge«, und ich war wütend geworden und hatte behauptet, das wäre eine Auslegung, die ich als »pfäffisch« empfände, Pater Wuni-bald wurde wütend, klopfte mit dem Finger aufs Pult, berief sich auf seine Autorität und verbat sich eine »derartige Beleidigung«. (S.45)

Fazit: Ein teilweise cleveres, teilweise wenig subtiles Werk Bölls, dessen politische und soziale Bedeutung uns heute kaum noch zugänglich ist.
Hier poste ich noch eine Zusammenfassung, eine verbesserte Version dieser Fassung:
Mittelpunkt der Romans ist das Leben des Beruf-Clowns Hans Schnier. Die Hauptfigur erscheint zugleich als Ich-Erzähler. Das eigentliche verläuft innerhalb von ungefähr zwei Stunden an einem Märztag des Jahres 1962, wobei seine Erinnerungen bis in die Kindheit zurückreichen.
Der Roman ist in 25 Kapitel gegliedert, die logisch aufeinander folgen, jedoch kann man oft schwer zwischen Träumen und Realität unterscheiden:
Selbst dieser Weg [der Prostitution], mich von der Barmherzigkeit käuflicher Liebe erlösen zu lassen, war mir verschlossen: ich hatte kein Geld. Inzwischen probierte Marie in ihrem römischen Hotel ihre spanische Mantilla an, um als first lady des deutschen Katholizismus standesgemäss zu repräsentieren. Nach Bonn zurückgekehrt, würde sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit Tee trinken, lächeln [...] (S. 222f.)

Der Roman beginnt damit, daß Schnier allein, verletzt (bei einer Chaplin-Nummer gestürzt, geschwollenes Knie) und ohne Geld nach Bonn in seine Wohnung zurückkehrt und sich im Klaren ist, daß er entweder zu seinem reichen Eltern zurückkehrt und sie anbettelt oder in der Gosse landet (er wird als Clown nicht mehr gebucht). Er ist verzweifelt, da ihn seine Geliebte Marie mit der er 5 Jahre zusammenlebte und die er als seine Frau ansah, ohne sich standesamtlich und kirchlich trauen zu lassen, verlassen hat. Schnier ist nämlich der Ansicht, da_ eine echte Ehe der Legalisierung durch Staat und Kirche nicht bedürfe (im Roman differenzierte Auseinandersetzung Katholizismus – Kritik nicht an katholischem Glauben, sondern an Umgang mit ihm durch snobistische, zynische Deutsche). Aber Marie hat ihn auf Drängen ihrer katholischen Glaubensgenossen verlassen und hat Heribert Züpfer, einen führenden Mann des „Dachverbandes katholische Laien" geheiratet. Außerdem erfährt man, dass Schnier Gerüche durch das Telefon erkennen kann.
Seine Eltern existieren für ihn nicht mehr, da seine Mutter, die während des Krieges eine überzeugte Nationalsozialistin war, ihre eigenen Kinder für die Heimatfront zur Verfügung stellte, aber heute die Präsidentin des Zentralkomitees der Gesellschaft zur Versöhnung rassischer Gegensätze ist. In ihr sieht er das Paradebeispiel für Profitgier, Angebertum, Heuchelei und Verstellung. Damals kam seine Schwester Henriette um, dies hat er ihr nie verziehen.
Um noch an Geld zu kommen hat er nur noch das Telefon um Freunde und Bekannte anzurufen, die ihm aushelfen könnten. Als erstes ruft er seine Mutter an, jedoch beendet er das Gespräch abrupt, weil ihn ihre jetzige Stellung und Verlogenheit anekelt (er provoziert sie mit einer Anspielung auf seine tote Schwester). Außerdem erfuhr er, daß sich sein Schicksal herumgesprochen hat, und somit jeder über seine finanzielle Situation Bescheid weiß - auch Marie. Danach fällt er in Erinnerungen , wie er Marie kennen gelernt hat (»Ich war einundzwanzig, sie neunzehn, als ich eines Abends einfach auf ihr Zimmer ging, um mit ihr die Sachen zu tun, die Mann und Frau miteinander tun.« (S. 39)) und mit ihr die Stadt verlassen hatte, weil er Clown werden wollte.
Als zweites rief er seinen Bruder Leo an, der in einem katholischen Konvikt war, jedoch war er nicht erreichbar. Daraufhin träumt er wieder und erinnert sich, wie er sich mit Marie Kinder wünschte, jedoch ein Streit ausbrach, weil sie standesamtlich heiraten wollte und Hans Schnier ein Dokument unterzeichnen musste, daß die Kinder katholisch erzogen werden.
Daraufhin verließ Marie ihn mit der Begründung, daß sie ihren eigenen Weg gehen muß. Dies wurde ihr aber von ihren katholischen Freunden eingetrichtert.
Als nächstes ruft er zwei Mitglieder des katholischen Kreises an, Freudebeil und Kinkel. Diese waren auch hohe Mitglieder der CDU (hier auch politische Kritik von Böll). Bei Freudebeil war nur die Frau zu sprechen, mit der er sich streitet (sie kritisiert ihn und umgekehrt). Bei Kinkel, der auch ein hohes Tier im deutschen Katholizismus ist, hört er im Hintergrund viele Schimpfwörter und Beleidigungen, die das Bild einer ehrbaren Persönlichkeit zerstören. Kinkel redet Schnier Mut zu, dieser geht Kinkel an, indem er ihm vorwirft, daß Marie Ehebruch begeht, weil sie ihn verlassen hat und er droht im Zorn alle wichtigen Prälaten umzubringen, da er nichts mehr zu verlieren hat.
Nun erhält Schnier einen Anruf von einem Mitglied des katholischen Zirkels, der ihn fragt, ob er nun allen Mitgliedern die Feindschaft ansagen will. Doch dieser Anrufer Sommerfeld will Schnier Mut zureden und ihm die Sache zu erleichtern, doch als Schnier erfährt, daß seine Marie mit Züpfner schon in den Flitterwochen in Rom ist, bricht für ihn eine Welt zusammen, da er Marie verloren sieht. Darauf hat Schnier ein Zukunftsvision, in der er Marie und Heribert Züpfner in einem Haus für 12 Kinder sieht und Marie schon Nachwuchs hat.
Daraufhin besucht ihn sein reicher Vater. Er bietet ihm zunächst an, ihm eine Schauspielausbildung zu ermöglichen (1000 Mark im Monat), später – nach einer Erinnerung Hans’ an seine Trainingszeit (trainiert in einem Sälchen bei Kaplan Heinrich Behlen, seinem Freund), in der er mit Marie ohne Geld lebte – bietet der Vater an, eine Existenz zu finanzieren, doch die Offerte von 200 DM monatlich scheint Hans Schnier zu gering und er lehnt ab. Im Gegenteil er macht seinem Vater noch Vorwürfe, daß die Kindheit so kühl war und die Wärme der Eltern fehlte, die sogar am Essen gespart haben »die Erkenntnis, dass wir zuhause nie richtig zu fressen bekamen« (S. 167). Der Vater ist sehr berührt von der Abrechnung Hans’ und sucht nach einem versöhnlichen Abschluss, Hans sinniert:
Er war nicht schuldig, nur auf eine Weise dumm, die Tragik ausschloss oder vielleicht die Voraussetzung dafür war. (S. 175)

Er erinnert den Vater daran, dass er gegen das Ende des Krieges fliehende Frauen vor einem deutschen Major gerettet hat.
Er versucht wieder seinen Bruder im Konvikt anzurufen, erfuhr jedoch, dass Leo in Ungnade gefallen war und nur noch einen Dienerlohn bekam. Doch Schnier denkt nur noch an Geld. Daraufhin erinnerte er sich an die Fehlgeburt die Marie hatte und an die Nonne im Krankenhaus, die erzählte, dass das „Kind" nicht in den Himmel kommen könne, sondern in der Vorhölle schmoren muss, da es nicht getauft war. Schnier erfuhr da zum ersten Mal, was für Scheußlichkeiten die katholische Kirche im Religionsunterricht verbreite.
Daraufhin ruft er noch Monika Silv an, die aber auch unter Einfluß Sommerwilds steht und ihm nicht helfen will. Als er Simone Emonds anrief, klagte er ihr sein Leid, da sie noch nicht Bescheid war. Simone selber hatte Probleme, da ihr viertes Kind unterwegs war und sie nicht wusste wie sie und ihr Mann Karl mit dem Geld zurechtkommen würden.
(Hier spielt Böll auf die Probleme der Empfängnisverhütung an, die der Papst verbietet und somit nie Biologische Zeitbombe, also die Bevölkerungsexplosion negiert.)
Schnier gefällt sich in der Position des Heuchlers, da er nichts mehr zu verlieren hatte. Jetzt da er wirklich keine Freunde und somit Gönner hat muss er sich entweder für eine Versöhnung mit dem katholischen Zirkel entscheiden und somit vielleicht eine Versöhnung mit Marie erreichen oder auf ewig den Kontakt abbrechen. Er fällt wieder in seine Erinnerungen an seine Kindheit und erinnert sich, wie er von dem Tods seiner Schwester Henriette erfuhr, daraufhin in ihr Zimmer rannte und alles was ihn an Henriette aus dem Fenster warf und anzündete.
Zum Schluss des Romans ruft ihn noch sein Bruder Leo aus dem Konvikt an und sagte er könne sich 6.30 DM abholen. Schnier fragt noch nach Adressen und Telefonanrufe anderer Bekannten, jedoch kann ihm Leo keine Auskünfte geben. Nun ergreift Schnier seine letzte Zigarette und begibt sich mit Hut zum Bonner Hauptbahnhof und beginnt zu betteln.
Als Schnier sich mit der Maske eines Narren auf der Bahnhoftreppe niederlässt (wohin Marie von ihrer Hochzeitsreise nach Rom zurückkehren wird), sind seit seiner Ankunft in Bonn vier Stunden vergangen. In dieser Zeit büsste er nicht nur seine Hoffnung ein, dass Marie alsbald zu ihm zurückfinden würde, sondern er zog auch eine kritische Bilanz. Sie führte ihn zu der Einsicht, dass in dieser Gesellschaft nichts Sinnvolles auszurichten ist.
In „Ansichten eines Clowns" übt Böll radikale Kritik an einer Kirche, die aus Sorge um die Erhaltung ihrer Macht den von ihrem Chef erteilten Auftrag die Armen und Bedürftigen zu schützen und zu unterstützen der Anpassung an das herrschende Milieu opfert. Dieses Milieu sind ehemalige Nationalsozialisten, die sich unter Schutz und Deckung der kath. Kirche eine reine Weste und hohe Positionen im Nachkriegsdeutschland erschlichen. Eine Grundstimmung in „Die Ansichten eines Clowns", ist der Zorn Heinrich Bölls über die Kapitulation des deutschen Katholizismus vor dem Hitlerregime und die Leugnung dieser Verstrickung.
Der Clown Hans Schnier ist konfessionslos und man kann ihn auch nicht auf eine politische Richtung festlegen.

Montag, 15. Januar 2007

The Man

He is the man - and I quote (er über mich):
"Eine Mode von ihm ist, das Hemd nicht in der Hose zu tragen und einen Pullover darüber zu ziehen."
"Er hat eine schwarze Handtasche mit einem rot-weissen Tragegurt."
"Er ist immer aufgestellt."
"An der Tafel schreibt er sehr undeutlich, dass man es kaum lesen kann."
"Sein Laptop ist immer mit einem weissen Kabel am Stecker von Zimmer A1 eingesteckt."
"Er kommt meistens zu spät nach der Pause."
"Er ist ca. 1.70 gross und ist gegen 30 Jahre alt."
Damit wär auch mal wirklich was Persönliches über mich gesagt, sowas hört man ja sowieso immer gern.

Drogenforum

Beim Googeln per Zufall (ein offtopic Bücherthread) auf das Drogenforum gestossen:
http://www.drogen-forum.com/
Will nicht zu viele Details erwähnen, aber da kann man mal nachlesen, was so richtig abfährt, wie sich ein Entzug anfühlt, wie ein erstes Mal H, Blaumohn, Kokain, Ritalin etc. Und dazu, durch welche Körperöffnungen man sich das Material am besten einführt.

Eine Randbemerkung: Seit meiner Kindheit in den 80er-Jahren (Helveticus sei Dank) bin ich von einer enormen Drogenfaszination besessen. Ich könnte stundenlang Erfahrungsberichte lesen und interessiere mich enorm für Wirkungsmöglichkeiten von Drogen - und gleichzeitig erzeugen Drogen in mir eine Art Ekel, ich kann kaum noch was essen, wenn ich Zug einen User gehört habe, der am Telefon davon gesprochen hat.

Pokern - Ein paar Tipps

Nach der Lektüre mehrerer Pokerbücher (Doyle Brunson's Super System, Playing Poker Online, Hellmuth: Play Poker Like The Pros) gebe ich nun ein paar Tipps zum besten - ohne die die Welt nicht leben kann:
1. Play tight. Wirf alles weg, was nichts taugt.
2. Das taugt was: Paare (tiefe sind gefährlich), Connecting Cards gleicher Farbe (also 43, J10 usw.), hohe Karten (AK, AQ, KQ, AJ, das wärs schon, ungefähr).
3. Spiel aggressiv - vor allem, wenn du gute Karten hast.
4. Spiel nicht mit dem bereits gewonnenen Geld, sondern schau genau auf den Tisch und in deine Karten. Wie viel ist dir dieser Pot wirklich wert?
5. Spiele CashGames nur kurz und konzentriert, wechsle mit Turnieren ab.
6. Bluffe nur in ausgewählten Situationen. Bei Turnieren ab und zu, in Cash Games sehr selten. Lass die anderen mit ihren Bluffs gewinnen und verlieren, letztlich kannst du bei seriösem Spiel mehr davon profitieren.

Samstag, 13. Januar 2007

Redewendungen aus Hamburg

Auf der sogenannten Kiez in Hamburg hört man beispielsweise, vor allem von Frauen in Skianzügen (was scheinbar die Damen des Milieus zu tragen haben):
"Hallo, ihr kleinen Wixmäuse..." (Hierzu betrachte man dieses Museum in Darmstadt)
"Na, wollt ihr mal mitkommen, halbes Stündchen?"
"Lassen wir's krachen?"


Und dann höre man sich noch einen König von St. Pauli an, der ein Problem löst.




Geldspiel

Als mehr oder weniger starker Spielsüchtiger ein paar Kommentare zum Thema Geldspiel in der Schweiz:
1. Geldspielautomaten sind verboten.
Orte, wo meine Geldspielsucht erste Blüten getragen hat (Spielsalons, Restaurante, Bars) bieten heute lediglich noch die Möglichkeit zum "Geschicklichkeitsspiel" - das sind Spiele, bei denen man kein Geld gewinnen kann, sondern nur welches verlieren.
2. In Casinos sind Geldspielautomaten weiterhin erlaubt.
Man sollte sich mal ein Bild davon machen - woher die herrlichen Steuermillionen beispielsweise für die Stadt Baden kommen. Wie Detlef Brose, CEO dieses Kasinos unlängst verlauten liess, mache das Kasino einen Bruchteil seines Gewinnes mit Pokerspielern - die jungen Leute müssten mit attraktiven Angeboten dazu gebracht werden, an den Slot Machines zu spielen. Diese Hallen sind bevölkert von Leuten, die manisch Geldscheine in Maschinen lassen, sich zu Wutasbrüchen hinreissen lassen, manchmal ganz traurig in die Leere starren und so aussehen, als erhielten sie Sozialhilfebeiträge (was nicht falsch sein muss). Fazit: Geldspiel für Süchtige ist weiterhin bestens möglich.
3. Lose und Lotto.
An jedem Kiosk kann Glücksspiel betrieben werden. Man kann aus einem breiten Sortiment farbiger Lose auswählen, deren Auszahlungsstruktur zwar transparent, aber unvorteilhaft für jeden Käufer ist.
4. Internet.
Geld- und Glücksspiel im Internet ist für jede Schweizerin, jeden Schweizer möglich. Ohne Zugangsbeschränkung (ausser den nötigen Kredikarten) können dort alle Arten von Glücksspielen gespielt werden, auch Wetten aller Art sind möglich.
5. Fernsehspiele.
Nach einer kurzen Sendepause sind die Ratespiele auf den Privatsendern wieder da. Wie die funktionieren, zeigt ein ARD-Beitrag. Nicht alle sind so schlimm, aber auch hier sind es wieder Leute, die es sich kaum leisten können (sonst würden sie zu diesen Tageszeiten nämlich arbeiten oder schlafen), die viel Geld verlieren. Zudem gibt es keinen Schutz für Minderjährige, letztlich kann das Alter eines Anrufers nicht überprüft werden.
Fazit:
Glücks- und Geldspiel sollte in der Schweiz zu 100% verboten werden. IP-Adressen von Internetkasinos gehören blockiert, alle Kasinos geschlossen und Lose wie auch Lotto verboten. Klar findet Sport- und Kulturförderung über Lotterien statt, klar nimmt der Staat einige Steuermillionen ein - doch anders als beim Rauchen und Tanken wird ja nicht der Anreiz reduziert (Steuern verteueren die Güter), sondern sogar die Möglichkeit erst geschaffen. Spielsucht ist ein ernstes Problem und es geht nicht an, dass die Süchtigen so zum Staatshaushalt beitragen. Steuererhöhungen tätens auch. (Zudem ist die Vergabe von Kasinolizenzen ein recht problematisches Vorgehen in einem ohnehin regulierten Markt.)
Und der Lottospieler, der jede Woch seine zwei Tipps abgegeben hat und von der Million geträumt hat - der wird auch von was anderem träumen können.

Inchoate

Um eine Rubrik zu starten: Englische Wörter, die ich nicht gekannt habe.
Hier kommt also das erste, inchoate.
Es heisst soviel wie "sich am Anfang befindend".

Freitag, 12. Januar 2007

Offenbar der Bleistifte der Bleistifte

Der Faber Castell 9000 ist offenbar das Material, das man haben muss, wenn man an der Stelle angelangt ist, an der "das Material eine Rolle spielt". Werd ich mir mal besorgen und dann über Erfahrungen berichten.

Winiger auf Brüste reduziert

Eine echte heute-Story: Eine "Jung-Moderatorin" (eine junge Moderatorin?) soll die Frechheit besessen haben, Melanie Winiger zu fragen, wie das sei, wenn man auf die Brüste reduziert wird (apropos behauptet die Weltwoche in der Weihnachtsausgabe, das seien die schönsten Brüste der Welt).
Das Ganze hätte ja schon einen Unterhaltungswert, Melanie ist schliesslich everybody's darling, eine super Schauspielerin, wie wir alle wissen, dazu total sympathisch, natürlich geblieben und auch so schlagfertig, auf so eine darf man stolz sein, auch in der Schweiz (davon meine ich einen Teil ironisch). Und nun wird die auf ihre Brüste reduziert (die im übrigen, so findet Walter de Gregorio in der Weltwoche, gut geformt seien - good to know).
Was ich daran nicht verstehe, ist das: Wenn eine Moderatorin eine solche Frage stellt, reduziert sie dann die Interviewte auf ihre Brüste? Wenn sie so eine Frage stellt - ist das eine krasse Provokation? Und wer ist eigentlich P. C. Fueter (mit so einem mysteriösen Vorname muss dieser Premierengast wirklich was zu sagen haben)? Die ganze Logik der Story liegt für mich im Dunkeln.

Und hier sieht man, warum man die Jung-Schauspielerin (oder ist sie das gar nicht mehr) nicht auf ihre Brüste reduzieren sollte, sie ist nämlich ein Mensch:

Schnarchen

Opfer kennt diese Gesellschaft viele. Die armen Raucher terrorisieren wir, indem wir an Flughäfen Rauchpalmen aufstellen und im Zug die Raucherabteile abgeschafft haben, die Übergewichtigen brauchen wir nicht mehr zu hänseln oder gar zu mobben, denn die volkswirtschaftliche Belastung, die Übergewicht erzeugt, ist einfach objektiv Grund genug, denen mal richtig die Meinung zu sagen, und dann gibt es auch noch die, die im Bus immer zwei Sitzplätze besetzen, im Kino laut mit Säcken knistern, einen nervigen Handyklingelton haben. Denen müsste mans auch mal zeigen, anstatt immer nur in Glossen und Kolumnen nette S-Bahn geschichten zu erzählen.
Aber die Schlimmsten sind die Schnarcher. Keine Jugi, keine SAC-Hütte, kein Couchette-Abteil ohne diese Schnarcher. Und die hören sich nicht mal selbst! Schnarchen seelenruhig weiter, während ausser ihnen kein Mensch mehr schläft. Das ist daneben. Das ist asozial. Und wie viele Frauen verbringen schlaflose Nächte neben ihren schnarchenden Partnern? Da müsste man auch mal ansetzen.
Nun gut, Ironie mag schön und gut sein - schnarchen tu ich trotzdem und finds das Letzte. Was soll ich tun? Wie stellt man das ab? Wie entschuldigt man sich im Voraus dafür? Wie, bei den Leuten, die dem regelmässig ausgesetzt sind?

Mittwoch, 10. Januar 2007

Darum freu ich mich aufs iPhone

Das ist der Grund für meine Freude aufs iPhone : Mein elendes qtek s200. Windows mobile lässt sich trotz teurer Software noch immer nicht mit meinem MacBook synchronisieren und der Teufel weiss, warum. Alles versucht, stundenlang gepröblet, die Bluetooth-Einstellungen zurückgestellt und und und. Nervt mich enorm, wahrscheinlich schaff ichs dann nicht mal, meine Kontakte zu migrieren.

Die Weisheit der Vielen

Die These der Weisheit der Vielen, Grundlage für das Heilsversprechen von Web 2.0, lautet wohl kurz gesagt:
Eine gut organisierte Gruppe ist besser informiert und handelt/entscheidet weiser, als dass es jeder einzelne könnte (ohne die Gruppe).
Die These ist weit davon entfernt, selbstverständlich zu sein. Bin ich über ein Thema gut informiert und in der Lage, weise Entscheidungen zu treffen, so brauche ich kaum eine Gruppe. Bin ich schlecht informiert, so kann mir die Gruppe helfen - doch dann entsteht sofort die Frage, wie ich mich in dieser Gruppe (oder eben im Web 2.0) informieren kann. In der Theorie könnte funktioniert die Idee von Surowiecki (trotz seiner eher bedenklichen wirtschaftstheoretischen Annahmen) sicher, doch in der Praxis (gerade beim Web) sind so hohe Skills erforderlich, dass gerade die, die von dieser Weisheit am meisten profitieren könnten (weil sie am schlechtesten informiert sind), nicht zu dieser Gruppe dazugehören.
Man muss darüber aber weiterdenken...

Dienstag, 9. Januar 2007

Rezension "Indecision"

Habe mich ja grad über Determinismus ausgelassen - dazu passt wohl auch Kunkels Indecision. Ein urbaner New Yorker mit abgeschlossenem Philo-Studium ist unentschlossen: Er weiss weder, was er arbeiten soll, noch wo er wohnen soll und wie er eine Beziehung führen soll. Momentan arbeitet er im Tech-Support für Pfizer, wohnt in einer WG und ist mit Vaneetha zusammen, die ihn weder besonders begeistert noch besonders abstösst. Seine Familie ist ein Chaos, seine Mutter in der Midlife-Crisis, sein Vater vereinsamt zunehmend und seine Schwester in einer Art Dauerrebellion begriffen. Die ist es denn auch, die ihm in seiner Untentschlossenheit hilft und ihn überzeugt, seine Schulfreundin in Ecuador zu besuchen. Dort erlebt er dann einiges und verliebt sich schliesslich nach einigen Abenteuern noch so richtig - ohne dass das Themas Indecision vom Tisch wäre.
Ein unterhaltsames Buch, in dem angesprochen wird, was uns heute umtreibt - was bewegt einen, wenn man alles kann, wenn Geld genug da ist, das Leben ein leeres Blatt und man alle Entscheidungen von Grund auf selber treffen muss. Wogegen rebelliert man, wenn man alles darf, wofür soll man sich entscheiden, wenn alles andere vielleicht besser ist?
Doch letztlich fehlt dem Buch an Drive, die Hanldung plätschert vor allem im ersten Teil vor sich hin, die Exposition ist zu lang und die Dialoge zuweilen komisch und surreal, aber eben nur zuweilen.

Mein Determinismus

Das Grundproblem bei der Determinismus-Debatte kann auf einen recht einfachen Nenner gebracht werden: Wenn ich einen wissenschaftlichen Artikel darüber lese, dass ein bestimmter Konservierungsstoff Krebs verursacht, so werde ich das sofort glauben und den Konservierungsstoff fortan meiden. Lese ich aber wissenschaftliche Erkenntnisse, die besagen, alle meine Handlungen seien determiniert und mein freier Wille bestenfalls ein Überprüfungsmechanismus und von meinem Gehirn vorgegaukelt, so mag ich mich darüber wundern. Glauben kann ich es nicht, spätestens, wenn ich gefragt werde, ob ich am Abend ins Kino komme überlege ich mir wieder, wie ich mich entscheiden soll - und die freie Entscheidung zu meiden und mich meiner Determiniertheit hinzugeben.
Warum ist das so? Ich erlebe mich täglich als freies Wesen. Persönlich halte ich sehr viel von Verantwortung - mir ist es wichtig, dass die Menschen um mich herum zu ihren Handlungen stehen und Verantwortung dafür übernehmen. Und ihre Handlungen, so denke ich, sind das Resultat ihres Willens, zumindest die meisten davon. Ich selber bin entsprechend bereit, Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen und lehne es ab, "Umstände" zu ihrer Erklärung herbeizuziehen. Nun ist das alles eine Art Überzeugung, die ich aufgrund meiner Erziehung, meiner Sozialisation und meinen Erfahrungen erlangt habe. Genaus könnte ich aber die Überzeugung haben, ein Joghurt, das mit dem oben genannten Konservierungsstoff hergestellt worden ist, schmecke mir und es weiterhin essen. Das tue ich aber nicht.
Ich möchte nicht in der Kiste der Fachbegriffe rund um die Determinismusdebatte wühlen. Wenn ich mir aber die verschiedenen Muster vor Augen halte, mit der ich meinen Glauben verteidigen könnte, so lehne ich es ab, meinen Willen als eine Art "unbewegten Beweger", eine Folge ohne Ursache anzusehen. Die Kausalität ist ein Prinzip, von dessen Existenz ich in allen Bereichen der Wissenschaft überzeugt bin. Alles hat eine oder mehrere Ursachen - so auch mein Wille. Erkenntnisfortschritt ist deshalb möglich, weil diese Ursachen oft verborgen sind oder miteinander vermischt sind und so nicht getrennt wahrgenommen werden. Zudem können selbst winzigste Ursachen enorme Folgen haben, oder winzige Veränderungen an Ursachen komplett verschiedene Folgen hervorbringen, weshalb das Prinzip der Kausalität noch nicht mit sich bringt, dass wir alle kausalen Beziehungen erkennen können. So sehe ich auch meinen Willen durchaus als etwas von anderen Gegebenheiten Beeinflusstes - beispielsweise wurde ich beim Bestellen eines Biers in Hamburg am letzten Wochenende gefragt, ob ich ein Jever oder ein Holsten möchte. Nun habe ich beide Biere noch nie getrunken und mich spontan (und "frei") für ein Holsten entschieden. Einige Minuten später fiel mir auf, dass ich gerade ein paar Stunden zuvor eine Holsten-Werbung im Fernsehen gesehen habe - die Ursache für meine Entscheidung also jedoch relativ offensichtlich gewesen ist, obwohl sie zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht präsent war.
Ein anderer Aspekt ist der: Wenn ich etwas geniesse, dann ist dieser Genuss ja lediglich eine chemische Belohnungsreaktion in meinem Gehirn. Deshalb würde ich ja nicht auf die Idee kommen, nichts mehr geniessen zu wollen - geschweige denn mich darin trainieren zu wollen, in genussvollen Momenten zu denken, das ist jetzt nur eine chemische Reaktion, die sich so äussert. Auch wenn ich Schmerz empfinde, kann ich mir selten sagen, dass das jetzt nur ein Signal meines Körpers sei.
So würde ich persönlich zu folgendem Schluss kommen: Ja, wir sind determiniert. Das heisst aber nicht, dass wir unsere Handlungen vorhersagen könnten (dazu ist die Determination zu komplex, nur ein Laplacscher Dämon könnte das je), und es heisst auch nicht, dass wir unsere Entscheidungen nicht als frei erleben dürfen. Dieses Erlebnis hat durchaus eine Funktion (was auch Neurowissenschaftler bestätigen würden - siehe Artikel im NZZ Folio), aber es bildet nicht eine Realität ab. Doch ist das eine Voraussetzung?

Montag, 8. Januar 2007

Was mich am Schweizer Fernsehen aufregt

Die Punkte sind nummeriert, aber nicht geordnet.

1.
In Schweiz Aktuell und in der Tagesschau wird im Abstand einer halben Stunde über das Gleiche berichtet.

2.
a) Eine Wettersendung wird von einem Dach gesendet (auf dem sich ein Swimmingpool befindet).
b) Sie wird moderiert von Moderatoren und Moderatorinnen, die mit korrektem, flüssigem Schweizerdeutsch Mühe haben.
c) Zum Glück gibt es keinen roten Knopf mehr (wofür brauchte man den genau?).

3.
a) Die Fernsehzuschauer bezahlen Gebühren für SF.
b) Z.B. für Sendungen wie MusicStar, Deal Or No Deal, Glanz&Gloria. Populäre Sendungen ohne Anspruch und Niveau - die auch bei Privatsendern angeboten werden.
c) Obwohl die Zuschauer zahlen - können Sie noch Clubmitglied werden, um wirklich "mitsprechen" zu können. Aber sie bezahlen ja schon!

4.
Service Public bei den Medien bedeutet kaum, die ganze Schweiz mit Gebührenunterhaltung zu versorgen. Wer Unterhaltung will, kann dafür bezahlen - Informationen sind Service Public.

5.
Die Tagesschau schafft es nicht mehr, News vernünftig zu hierarchisieren. Die Konzentration auf Trivialereignisse aus der Schweiz und die Vernachlässigung der wichtigen Ereignisse im Ausland ist besorgniserregend.

6.
Professionalität ist nicht besonders wichtig bei SF. Eine Art Kuschelmentalität führt dazu, dass wir seit Jahren inkompetente und unkritische Sportmoderation geniessen, schlecht ausgebildete Sprecherinnen und Sprecher haben und Showformate vorgesetzt bekommen, die der Intelligenz jeden Zuschauers spotten (beispielsweise 5gegen5).

7.
In der letzten Weltwoche (01/07) meint Zimmermann, Schellenberg habe dem SF die Quotenorientierung beschert. Danke. Wer die Zuschauer entscheiden lässt, was sie sehen wollen, vergisst, dass sie das gar nicht wissen, sondern es sich von anderen sagen lassen. Wenn man sich also nach ihnen richtet, so richtet man sich nach den anderen. Klingt recht trivial, doch ich glaub das recht stark. Medien müssen innovative Angebote anbieten und durchhalten - v.a., wenn sie Gebührengelder erhalten und der Publikumserfolg sekundär ist. Sonst könnten sie sich ja problemlos durch Werbung finanzieren, wenn sie so gute Quoten haben.

Selbstreferentiell

Beim Nachdenken über Tagebücher einen Artikel über Blogs aus der Süddeutschen Zeitung gelesen. Dort wird behauptet, das zweit beliebteste Thema bei amerikanischen Bloggern sei der eigene Blog - mithin seinen Blogs selbstreferentiell. Um dem gerecht zu werden, hier ein Gedanke: Wenn jemand Tagebuch schreibt, so ist das wohl meist Selbstreflexion - in einer so intimen Form, dass das Tagebuch nur den Schreiber selbst zum Leser haben kann. Das eigene Denken (v.a. über sich) ist so privat, dass es unter Beobachtung kaum noch stattfinden kann.
Nun ist aber am besten versteckt, was gar nicht versteckt wird, wie man seit Poes The Purloined Letter weiss (hier noch die klassische Interpretation von Lacan) - dort liegt der Brief, der gesucht wird, ganz offen auf dem Tisch. Also könnte man das Tagebuch allen zugänglich machen und das Intimste zum Öffentlichste. Und ist unsere Zeit nicht eine, in der das regelmässig geschieht, in der Intimität nur als Publizität (gibt es dieses Wort wirklich?) möglich ist. Was alle wissen ist wohl dem gleichwertig, was niemand weiss. Nur wenn etwas den Anscheint hat, es sei für einen esoterischen Kreis bestimmt, wird es peinlich, es zu enthüllen.

Sonntag, 7. Januar 2007

Kitlers - Katzen, die wie Hitler aussehen

Wenn man neuerdings über Hitler im Kino lachen soll, dann kann man wohl erst recht über diese Katzen lachen: www.catsthatlooklikehitler.com/.
Das sieht dann z.B. so aus: