Freitag, 29. Mai 2009

Alles ganz anders

Ich hab mir die Sache noch einmal überlegt, die Sache mit dem Betteln. Flos historisch-staatspolitischer Exkurs in Ehren (sie gebührt ja wohl auch ihm), das Problem liegt bei mir:
Bettelnde Menschen stellen einen Anspruch an mein Mitleid. Mitleid würde ich gerne nach klaren Kriterien vergeben: Kälber mit wuscheligem Fell, welche an der Mutter Euter säugen, bemitleide ich dafür, dass sie dereinst geschlachtet werden, Schweine hingegen weniger. (Bereits hier sieht man, dass mit meinem Mitleid wohl etwas nicht ganz stimmt.) Bettler bemitleide ich generell, aber eben: Vor allem im Ausland.
Nun ist es relativ feige, für meine Überforderung (und diejenige des Mitleids in mir) eine staatliche Lösung fordern zu wollen. Deshalb: Wer betteln will, soll betteln können. Schon allein die Tatsache, dass jemand einen Tag in einer Unterführung bettelt, ist ja irgendwie beunruhigend, auch wenn man damit möglicherweise Geld verdienen kann. Wenn ich wirklich finde, die Person verdiene mehr als ich, könnte ich das ja auch tun, eigentlich.
Für einmal von mir die Forderung nach weniger Staat, deshalb.

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Und ich schließe - in Bezug auf den Staat - gleich noch meinen Unmut über die politische Handhabung der Kosten im Gesundheitswesen an. Unser System idiotisch zu nennen und unser Parlament korrput scheint irgendwie übertrieben zu sein - aber anders kann mans wohl nicht sagen. Wie kann man bei einer obligatorischen Grundversicherung mit vorgeschriebenem Leistungskatalog davon ausgehen, Wettbewerb bringe eine Kostenreduktion?

Freitag, 22. Mai 2009

Natürlich ausgestreckt

Natürlich ausgestreckt
Gibt eine Hand und empfängt mit gleicher Leichtigkeit. Nur
Gierig zupackend muß sie sich anstrengen. Ach
Welche Verführung, zu schenken.
Brecht, Der gute Mensch von Sezuan
Die Frage, der ich mich heute annehmen will, lautet: Was ist von Bettlern in der Schweiz zu halten?
Ausgangspunkt ist der Befund, dass die Schweiz weit gehend bettelfrei war, seit einiger Zeit (zwei Jahre vielleicht) neben Junkies vermehrt auch mehr oder weniger seriöse Bettler an vor allem kleineren Bahnhofen und in Einkaufspassagen anzutreffen sind.
Diese Tatsache stört mich zunächst. Wenn ich mir überlege, warum, dann merke ich, dass ich mit einem etwas chauvinistischen Nationalgefühl sagen muss, dass in der Schweiz niemand betteln müsse - was sofort impliziert, dass das schweizerische System irgendwie besser ist, und auch gar nicht stimmt: Sans-Papiers und andere »illegale« Flüchtlinge können sehr wohl gezwungen sein, zu betteln.
Die Frage ist also, ist das ein Bettler, der es nötig hat, oder einer, der es nicht nötig hat. Wobei auch diese Unterscheidung tückisch ist: Vor einer Weile hat der Tagi über eine Gruppe von Randständigen in der Nähe des HBs berichtet (in diesem Blogpost werde ich Quellenverweise für einmal vermeiden), die angemerkt haben, ihre Sozialhilfe würde natürlich keine Suchtmittelabhängigkeit und Tierarztrechnungen abdecken, wodurch sie es dennoch nötig hätten, zu betteln.
Andererseits hat Kollege Flo, der als Quelle einige Reputation genießt, berichtet, Bettler in St. Gallen würden bei einigermasser guten Arbeitseinstellung rund 300 Franken pro Tag verdienen, was wiederum bedeutet, dass sie bei 20 Arbeitstagen pro Monat auf ein steuerfreies Nettoeinkommen von 6000 Franken kämen, was wiederum bedeutet, dass eher sie mir als ich ihnen etwas geben sollte, da sie mehr verdienen als ich.
Zurück aber zum eigentlichen Thema: Mein Vorschlag wäre eine »zero Tolerance«-Politik bezüglich betteln. Das mag jetzt repressiv klingen, ist aber nicht so gemeint: Wer bettelt, soll über seine finanzielle Lage Auskunft geben und - falls nötig - zusätzliche Unterstützung erhalten. Wer bettelt, ohne bedürftig zu sein, kann verwarnt werden, im Wiederholungsfall könnte man von mir aus hypothetische Betteleinnahmen von staatlichen Zuwendungen abziehen. So weit meine Gedanken zu einer natürlich ausgestreckten Hand, die ich im Ausland wie von selbst habe, in Zürich aber nicht. Was sich aber vielleicht noch ändern kann…

Donnerstag, 21. Mai 2009

The things we do

Das sind meine Wurstfinger, wie Sie auf die runde Scheibe mit Touchsensor drücken, damit ich bald über die Strasse kann (dieses Eingabegerät können sogar Menschen mit Stock benützen).
Und das sind ebenfalls meine Finger (deren Ansehnlichkeit in der Zwischenzweit nicht gebessert hat, Klavierhände sind einfach nicht jedem vergönnt), welche auf einen roten Knopf drücken. Meine Absicht: Schnell über die Strasse bei grünem Licht, ein Vorbild für alle anwesenden und versteckten Kinder sein, generell: Tun, was ein guter Mensch tut.
Der Unterschied? Offenbar - so wurde mir letzte Woche wieder bewusst, obwohl mir das sicher schon oft Leute gesagt haben - nützt nur das untere Drücken etwas. Das obere Gerät ist kein Eingabe, sondern ein Ausgabegerät, deshalb auch das Piktorgramm mit dem Stockmenschen, damit Blinde sehen, dass sie dort ihre Finger draufhalten sollen. Draufdrücken hat nichts zur Folge.
Und meine tiefgründigen Gedankengänge setzen ein. Wie viele Dinge tun wir, von denen wir nur glauben, dass sie etwas nützen? Spontan fallen mir ein: Handy in der Nacht ausschalten wegen der Strahlung (das Funktelefon und Wlan aber anlassen). Versuchen, Kindern ein Vorbild zu sein. Blogeinträge verfassen.