Dienstag, 27. Mai 2008

Diffuse Formen von Rassismus und falschem Denken

Bekanntlich sind rassistische Witze an die Phrase »ich bin kein Rassist« gekoppelt - die performativ, also durch das Erzählen des Witzes, gleich wieder demontiert wird, denn indem man über rassistisches Gedankengut (z.B. Vorurteile) lachen kann, demonstriert man eine Haltung, die der Aussage, man sei kein Rassist, diametral entgegensteht. Somit entsteht eine diffuse Form von Rassismus, man hält es für vertretbar, im vertrauten Kreis über solche Witze zu lachen, aber nicht, die Vorurteile oder Aussagen direkt anzubringen.
Eine ganz ähnliche Haltung kann man im Umgang mit dem Auto beobachten. Man gibt vor, grundsätzlich ein umweltbewusster Mensch zu sein, der die Problematik des CO2-Ausstosses erkannt hat und darauf reagieren kann. Nun gibt es zwei Haltungen: Entweder, man benützt ganz selbstverständlich das Auto und gibt, wird man auf diese Praxis angesprochen, Bequemlichkeitsgründe an (mehr Zeit, müsste im Zug vielleicht stehen, »das mach ich nicht mehr mit« etc.) Oder aber, und das scheint eine mediale Tendenz zu sein, man spricht über Aspekte des Autofahrens, die ein »Öko-Fundi« nie verstehen könnte; z.B. das »geile« Gefühl eines Blick-Bundeshausredaktors beim Testen einer Corvette. Ähnlich auch die Aufforderung des Magazins, die portraitierten Fussballer sollen sich vor ihrem Auto zeigen, wobei dann Sätze fallen wie diese hier (zum Leben von Mario Eggimann):

Fussballer mit Porsche, das ist ein Klischee, das er nicht erfüllen will, auch wenn er einen Porsche hat. Man einigt sich schliesslich auf ein Porträt mit seinem Zweitauto, einem Audi Q7 Kombi, einer Familienkarosse, deren Anschaffung nötig wurde, als im Februar dieses Jahres eine Tochter zur Welt kam.
Selbstverständlich wird die Anschaffung eines solchen Autos »nötig«, wenn ein Kind auf die Welt kommt, schliesslich kaufen sich alle werdenden Eltern ein SUV, das ein Energieeffizienzlabel von G hat und rund 20 Liter im Stadtverkehr verbraucht - und nebenher ca. 100'000 Schweizer Franken kostet.
Zum Schluss zwei Aussagen. Gegenargumente sind herzlich willkommen!
  1. In Westeuropa ist es nicht verantwortbar, den Arbeitsweg mit dem Auto zurückzulegen. Wer nicht in vernünftiger Frist am Arbeitsort ist, soll umziehen. (Lange Arbeitswege werden in der Schweiz durch Steuerabzüge gar noch subventioniert, anstatt mit einem Zuschlag belegt.)
  2. Eine Auto, das mehr als 6 Liter verbraucht, zu fahren, müsste eine moralisch anrüchige Handlung werden.

Der intelligenteste Browser

Die IQ-League wertet ihren IQ-Test nach Browser und OS aus, wie slashdot berichtet. Welchen Browser benützen wohl die intelligentesten Leute - und welches Betriebssystem?
(Tipp: Der Schreiber setzt auf den Firefox-Browser auf Mac OS X.)

Samstag, 24. Mai 2008

Vom Nutzen und Nachtheil der Demokratie

Wir sollen zu einer Vorlage Stellung nehmen, die »für demokratische Einbürgerungen« betitelt ist. Nun ist »für Demokratie« zu sein in Westeuropa ein wenig auszeichnendes Merkmal, wer könnte nicht für Demokratie sein, wo doch Demokratie erstens die Basis unseres Wohlstands und die Basis unserer moralischen Superiorität gegenüber allen anderen Ländern und Völkern ist. Wären die auch demokratisch, würds denen auch so gut wie uns gehen - so eine zugrunde liegende Annahme (vgl. dazu den ausgezeichneten Artikel von Zizek im Tagi-Magi).
Kritisiert man demokratische Prozesse, so kriegt man recht schnell das Bonmot von Churchill zu hören, wonach Demokratie die schlechteste aller Staatsformen sei, wenn man alle anderen ausnähme. Dennoch hier ein paar kritische Anmerkungen, die zeigen sollen, dass man gegen demokratische Einbürgerungen sein kann, selbst wenn es sich dabei nicht um eine ideologische Wortverdrehung der Marketingmaschine SVP (siehe aktuelle WOZ) handeln würde.

  • Demokratie funktioniert nur in überschaubaren Gemeinschaften: Hintergründe und Folgen von Entscheiden müssen für die darüber Befindenden erkennbar sein, damit sie ein sinnvolles Urteil abgeben können.
  • Eine Meinung ist kein Urteil: Ich mag eine Meinung darüber haben, welches das beste Team an der Euro 08 ist (Kroatien), aber ich würde mir darüber kein Urteil (das rational begründbar sein müsste) anmassen. Bei den meisten Vorlagen, die in der Schweiz zur Abstimmung gelangen, muss ich einen erheblichen Aufwand betreiben, um von der Meinungsebene auf die Urteilsebene wechseln zu können; ein Aufwand, den die meisten Leute nicht auf sich zu nehmen gewillt sind.
  • In einer Demokratie sollte Beeinflussung von Abstimmenden nicht instituationalisiert und mit verdrehten und falschen so genannten Fakten erfolgen - was in jedem demokratischen Land aber der Fall ist. Wir leben in Marketingdemokratien.
  • Demokratisch gefällte Entscheide sollten für die Betroffenen verbindlich sein. Gerade die wichtigsten Institutionen (multinationale Konzerne) unterliegen demokratischen Prozessen nicht mehr, sie gehören zu keiner Gemeinschaft und wechseln Länder und Regionen nach Belieben, um nach eigenem Gutdünken vorgehen zu können - dem Gutdünken ihrer Aktionäre, also der Besitzenden. Faktisch werden wir von den Besitzenden regiert.
  • Demokratie bedeutet eine Balance zwischen Minderheiten und der Mehrheit. Die Mehrheitsentscheide müssen die Bedürfnisse der Minderheiten respektieren und aufnehmen. Das passiert in der jetzigen Situation ungenügend, und zwar vor allem in Hinsicht auf Ausländerinnen und Ausländer, die sämtlichen Pflichten unterworfen sind, denen auch Schweizerinnen und Schweizer unterworfen sind, aber nicht die gleichen Rechte haben. Das ist eine Diskriminierung, die nicht begründet werden kann(um die Rechte zu erhalten, muss man die Pflichten erfüllen, nicht sich in einer diffusen Art und Weise »integrieren«).
Ich könnte weitere Punkte anfügen, habe mich grade in Fahrt geschrieben: Doch die Stossrichtung ist klar. Kann man was ändern? Wohl kaum. Demokratie ist daher das überzeugendste System, weil es sich selbst auch abschaffen könnte, und gerade das zeigt die Einbürgerungsinitiative, welche die Basis unseres Rechtsstaates angreift. Leute, die sich scheinbar für das einsetzen, wofür die Schweiz steht, demontieren im gleichen Atemzug die wichtigsten Prozesse, die unser System einen gewissen Idealismus geben: Den, dass wir niemanden diskriminieren, alle gleich und fair behandeln. Und dazu brauchen wir keinen Systemwechsel, um das weiterhin zu tun.

Donnerstag, 22. Mai 2008

Ein EM-Text

Meine EM-Skepsis nähert sich derart schnell einem Höhepunkt, dass ich schon fast wieder begeistert bin. Und erhalte eine Mail von Simon, der schreibt:

Ich hab nun doch was zur EM gemacht, wollte Baschi das Feld nicht kampflos überlassen. Du findest das Audio-File hier.

Wenn Dir mein Slam-Text zur EURO 08 gefällt, dann mail ihn doch weiter, würde mich freuen.

Im Herbst 08 erscheint "Bissig in Moll", mein Buch mit CD. Hier kann man es bereits jetzt bestellen: www.echtzeit.ch

Freitag, 16. Mai 2008

Mehr lebende als tote Menschen - das Hamlet-Problem

In Jonathan Safran Foers letztem Roman, Extremely Loud & Icredibly Close, erwähnt der Ich-Erzähler, er habe in National Geographic gelesen, es gäbe mehr lebende Menschen als je gestorben seien. Oder anders formuliert: Wenn jede lebende Person gleichzeitig Hamlet spielen möchte und dazu einen Totenkopf braucht, gäbe es zu wenig Totenköpfe. Stimmt das? Nicht so einfach zu beantworten. Angenommen, es habe einmal den Moment gegeben, an dem es gleich viele Tote wie lebende Menschen gegeben hat, z.B. 10 oder 10'000 oder 10 Millionen.
In diesem Moment überlegen wir uns: sterbende Menschen pro Zeiteinheit (z.B. an einem Tag) - neu geborene Menschen pro Zeiteinheit.
Angenommen, an einem Tag sterben 2 Menschen und 3 werden neu geboren. Dann gibt es sicher Bevölkerungswachstum. Doch sind immer noch gleich viele tot wie lebendig? Nachrechnen ergibt:
Tote: 10+2 = 12
Lebende: 10-2+3 = 11
Wir sehen schnell: Es müssten doppelt so viele Menschen geboren werden, wie sterben, und das jeden Tag. Ob das so ist, oder nicht (bzw. schon immer so gewesen ist), können Demographen beantworten. Und sie sagen Folgendes:
Es gibt ungefähr 100 Millarden tote, aber nur ungefähr 7 Millarden lebende Menschen. Schluss: Stimmt nicht. Urban Legend. Faktoid. Aber ein Partyklassiker, wenn man nur die Zahlen etwas hinbiegt, z.B. pro Sekunde sterben 1.3 Menschen, aber es werden 3 neue geboren, also...

Donnerstag, 8. Mai 2008

Küng Challenge

Der Freakonomics-Blog sucht namhafte Ökonomen, die Clintons und McCains Vorschlag, während der Sommerferien die Treibstoffsteuer auszusetzen (wohl um die Urlaubenden zu belohnen) unterstützen würden. Gefunden hat er - bislang keine oder keinen.
Ich möchte dieses Vorgehen nun kopieren - ich suche eine medienkundige Peron, die unter Angaben von Gründen die folgende Behauptung stützen würde, Max Küng sei der beste Kolumnist der Schweiz (oder der bestaussehendste). Man darf sich in den Kommentaren austoben.

Montag, 5. Mai 2008

Englische Wörter, Teil X

Mal wieder zwei Wörter aus dem letzten Post von PostSecret (beim Lesen der Seite auf dem Netz und nicht in NetNewsWire eine Sinnkrise - was, wenn die deutschen Varianten nur nachgemachte Übersetzungen aus dem Englischen wären, alle Geheimnisse gar nicht wahr...ja, was dann?) habe ich mal wieder zwei englische Wörter aufgeschnappt, die der Welt erklärt gehören:

  • to ogle heißt angaffen - Brechts Galilei sagt dazu, dass gaffen nicht sehen sei, ganz recht
  • enema bezeichnet einen Einlauf (und gemäss irgendeiner Regel 34 gibt es davon auch Pornographie, wie PostSecret zeigt)

Trappatoni works friendly for the Nationalteam

Gewisse Fussballtrainer scheinen im Alter ein komisches Talent zu entwickeln (dass Gress lustiger ist, als alle seine Imitatoren zusammen, ist kein Geheimnis), das seltsamerweise nicht immer mit einer Einbusse an Sachkompetenz und Autorität einhergeht.
Und so applaudieren die versammelten Journalisten auch Trappatoni (unglaublich, wie viele das sind), obwohl er sich erstens nicht ausdrücken kann, zweitens offensichtlich keine Ahnung von der Mannschaft hat und drittens sagt, er habe Irland gewählt, weil das die kleinste Herausforderung für ihn sei (vielleicht hat er das sogar noch als Kompliment gemeint). Man sehe selbst:

Samstag, 3. Mai 2008

Web 2.0 becomes Real World

Gestern lese ich nichts ahnend ein Buch. Und stolpere über ein Zitat, das mir irgendwie bekannt vorkommt. Und merke: Das kommt mir nicht nur bekannt vor, sondern das stammt von mir, aus meiner Feder, ist ein Erguss meines Intellekts, und dazu ein peinlicher.
Soviel sei gesagt: Das Buch, in dem das Zitat vorkommt, ist Generation Doof (ich werde nicht als Vertreter der Generation, sondern als Kommentator zitiert, immerhin), und die zitierte Äußerung findet sich auf LycosIQ. Alles weitere soll ein lösbares Rätsel bleiben.