Wir sollen zu einer Vorlage Stellung nehmen, die »für demokratische Einbürgerungen« betitelt ist. Nun ist »für Demokratie« zu sein in Westeuropa ein wenig auszeichnendes Merkmal, wer könnte nicht für Demokratie sein, wo doch Demokratie erstens die Basis unseres Wohlstands und die Basis unserer moralischen Superiorität gegenüber allen anderen Ländern und Völkern ist. Wären die auch demokratisch, würds denen auch so gut wie uns gehen - so eine zugrunde liegende Annahme (vgl. dazu den ausgezeichneten Artikel von Zizek im Tagi-Magi).
Kritisiert man demokratische Prozesse, so kriegt man recht schnell das Bonmot von Churchill zu hören, wonach Demokratie die schlechteste aller Staatsformen sei, wenn man alle anderen ausnähme. Dennoch hier ein paar kritische Anmerkungen, die zeigen sollen, dass man gegen demokratische Einbürgerungen sein kann, selbst wenn es sich dabei nicht um eine ideologische Wortverdrehung der Marketingmaschine SVP (siehe aktuelle WOZ) handeln würde.
- Demokratie funktioniert nur in überschaubaren Gemeinschaften: Hintergründe und Folgen von Entscheiden müssen für die darüber Befindenden erkennbar sein, damit sie ein sinnvolles Urteil abgeben können.
- Eine Meinung ist kein Urteil: Ich mag eine Meinung darüber haben, welches das beste Team an der Euro 08 ist (Kroatien), aber ich würde mir darüber kein Urteil (das rational begründbar sein müsste) anmassen. Bei den meisten Vorlagen, die in der Schweiz zur Abstimmung gelangen, muss ich einen erheblichen Aufwand betreiben, um von der Meinungsebene auf die Urteilsebene wechseln zu können; ein Aufwand, den die meisten Leute nicht auf sich zu nehmen gewillt sind.
- In einer Demokratie sollte Beeinflussung von Abstimmenden nicht instituationalisiert und mit verdrehten und falschen so genannten Fakten erfolgen - was in jedem demokratischen Land aber der Fall ist. Wir leben in Marketingdemokratien.
- Demokratisch gefällte Entscheide sollten für die Betroffenen verbindlich sein. Gerade die wichtigsten Institutionen (multinationale Konzerne) unterliegen demokratischen Prozessen nicht mehr, sie gehören zu keiner Gemeinschaft und wechseln Länder und Regionen nach Belieben, um nach eigenem Gutdünken vorgehen zu können - dem Gutdünken ihrer Aktionäre, also der Besitzenden. Faktisch werden wir von den Besitzenden regiert.
- Demokratie bedeutet eine Balance zwischen Minderheiten und der Mehrheit. Die Mehrheitsentscheide müssen die Bedürfnisse der Minderheiten respektieren und aufnehmen. Das passiert in der jetzigen Situation ungenügend, und zwar vor allem in Hinsicht auf Ausländerinnen und Ausländer, die sämtlichen Pflichten unterworfen sind, denen auch Schweizerinnen und Schweizer unterworfen sind, aber nicht die gleichen Rechte haben. Das ist eine Diskriminierung, die nicht begründet werden kann(um die Rechte zu erhalten, muss man die Pflichten erfüllen, nicht sich in einer diffusen Art und Weise »integrieren«).
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