Montag, 8. Januar 2007

Selbstreferentiell

Beim Nachdenken über Tagebücher einen Artikel über Blogs aus der Süddeutschen Zeitung gelesen. Dort wird behauptet, das zweit beliebteste Thema bei amerikanischen Bloggern sei der eigene Blog - mithin seinen Blogs selbstreferentiell. Um dem gerecht zu werden, hier ein Gedanke: Wenn jemand Tagebuch schreibt, so ist das wohl meist Selbstreflexion - in einer so intimen Form, dass das Tagebuch nur den Schreiber selbst zum Leser haben kann. Das eigene Denken (v.a. über sich) ist so privat, dass es unter Beobachtung kaum noch stattfinden kann.
Nun ist aber am besten versteckt, was gar nicht versteckt wird, wie man seit Poes The Purloined Letter weiss (hier noch die klassische Interpretation von Lacan) - dort liegt der Brief, der gesucht wird, ganz offen auf dem Tisch. Also könnte man das Tagebuch allen zugänglich machen und das Intimste zum Öffentlichste. Und ist unsere Zeit nicht eine, in der das regelmässig geschieht, in der Intimität nur als Publizität (gibt es dieses Wort wirklich?) möglich ist. Was alle wissen ist wohl dem gleichwertig, was niemand weiss. Nur wenn etwas den Anscheint hat, es sei für einen esoterischen Kreis bestimmt, wird es peinlich, es zu enthüllen.

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