Donnerstag, 23. Juli 2009

Wanted

Dieser sympathische Wirt lässt auf seiner Homepage verlauten, zwei Gäste hätten bei ihm einen halben Liter Wein getrunken und dann die Rechnung nur partiell bezahlt, während er auf die Kantonspolizei gewartet habe. Freundlicherweise hätten andere Gäste Bilder von diesen beiden mutmasslichen Zechprellern gemacht, welche er dann auf seiner Homepage veröffentlichte. Das die Ausganglage.
Als nächstes berichtet die versammelte Boulevardpresse der Schweiz über diesen Fall, z.B. so. Dass der Effekt des »Internetsprangers« nur durch diesen zweiten Schritt entstanden ist, dass also Personen, an denen kein öffentliches Interesse besteht, in einem nationalen Medium eine Straftat unterstellt wird, dürfte im Hause Ringier niemandem auffallen, da Medienethik da als ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert angesehen wird, das damals schon mehr Umstände bereitet hat, als Leserzahlen generiert.
Als dritter Punkt sieht sich der arme Wirt mit einer Welle der Entrüstung konfrontiert, auf die er reagieren muss. Seine Reaktion bezieht sich nicht auf seinen Umgang mit dem Datenschutz, dazu meint er:

«Ob ich da eine Bestimmung verletzt habe, ist mir egal – reklamieren können ja nur die beiden. Dann weiss ich wenigstens, an wen ich die Rechnung schicken kann!»
Sondern er reagiert eloquent auf den Vorwurf, der Wein könnte etwas überteuert sein. Sein Wein kostet nämlich im Offenausschank 52.50 Fr. für 5 dl (im Einkauf wohl rund 15 Fr. pro 7dl Flasche, wie eine kurze Google-Recherche offenbart, mit der ich niemanden langweilen möchte). Fazit: Datenschutz, grundsätzliche rechtliche Überlegungen - all das kann einem egal sein, so lange niemand denkt, man verkaufe überteuerten Wein.
Und wie problematisch das Ganze wirklich ist, vielleicht noch einmal ganz abstrakt: Ich darf also ein Bild von zwei Personen im Internet und in Massenmedien veröffentlichen und ihnen eine Straftat unterstellen, die auf dem Bild nicht erkennbar ist - und denjenigen, die mir die Identität dieser Personen offenlegen können, eine Belohnung in Aussicht stellen.

1 Kommentar:

Stephan Erne hat gesagt…

Das entscheidende ist, dass es sich um den Gastwirt eines Promi-Schuppens handelt - und der darf nach dem inoffiziellen schweizerischen StGBfR (Strafgesetzbuch für Reiche) eigentlich alles, solange er es durch irgendeinen finanziellen Nutzen zugunsten seiner bescheidenen Verhältnisse begründen kann... that's life...