Montag, 20. Juli 2009

Strategien


Fast so hat es ausgesehen, mein letztes Fahrrad (der Rahmen war schwarz, nicht grün). Ans Herz gewachsen ist es anders als seine drei Vorgänger nicht, denn es war hässlich, rostig und lief nie wirklich toll. Sein einziger Vorzug war sein Preis, der war günstig oder eher billig.
Nun wollte ich am Donnerstagabend mit dem Fahrrad eine Fahrt unternehmen, wie das so gedacht ist. Allerdings hatte ich es vielleicht ein halbes Jahr nicht gebraucht, war also nicht erstaunt, als ich es im Keller, wo ungefähr 30 Fahrräder stehen, suchen musste. Die Suche konnte aber nicht abgeschlossen werden - weil sich das Fahrrad nicht mehr auffinden ließ. Keine wirklich neue Erfahrung: Seine drei Vorgängen kamen am Bahnhof Wettingen ebenfalls als Teil eines Rudels von Fahrrädern abhanden. Dieses Exemplar nun im eigenen Keller.
Zumindest bin ich mir total sicher. Die Frage, ob das Fahrrad allenfalls gar nie im Keller gestanden habe und z.B. immer noch am Bahnhof angebunden sei, vor dem Haus gestohlen worden sei oder allenfalls einfach irgendwo stehen gelassen worden sei, wurde zwar schon aufgeworfen, muss aber kategorisch verneint werden. Nicht, weil ich nach einem halben Jahr Fahrradlosigkeit mir dessen völlig sicher wäre, sondern weil ich mir nicht den Anschein geben will, mich in solchen Fragen verunsichern zu lassen. Es. War. Im. Keller. Und. Ist. Jetzt. Gestohlen. Worden. Nun kaufe ich mir ein Fahrrad, zu dem ich ein Verhältnis gegenseitigen Vertrauens und Respekts aufbauen kann, dann werde ich auch immer wissen, wo es ist (und es weiß, wo ich bin).
Das ist die eine Strategie. Die andere Strategie betrifft die Frage, was ich mache, wenn ich jemanden sehe, der oder die mein Fahrrad fährt. Leute, die ich kenne, sollen schon am 1. Mai am Helvetiaplatz ihr Fahrrad erkannt, seine Fahrerin zur Rede gestellt haben und dann durch den sich entwickelnden Tumult nicht mehr in der Lage gewesen sein, die richtigen rhetorischen Mittel einzusetzen, um wieder in den Besitz ihres Eigentums zu gelangen (nebenbei habe ich hier noch zwei juristische Fachtermini eingefügt). In Glavinics Roman Das bin doch ich (über den ich noch einen eigenen Post verfassen werde), taucht eine Frau auf, die bezüglich eines Mobiltelefons sagt:

Entschuldigen Sie, wo haben Sie Ihr Handy gekauft, das da liegt? Ich will Sie ja nicht verdächtigen, aber mir wurde vorige Woche eines gestohlen, und das war genau so eines.
Nun, so geht es natürlich nicht. Vorausgesetzt, ich erkenne mein Fahrrad, wogegen fast alles spricht, würde ich wohl Handlungen sprechen lassen. Es nehmen und vielleicht beiläufig murmeln: »Ich stell das dann mal wieder in meinen Keller.«
Wobei daran dann die Frage anschließt, die mich auch umtreibt: Was würde passieren, wenn ich mit zwei Kollegen auf dem Heimweg wäre und zwei Jugendliche uns mit Kopfnüssen dazu bewegen wollen, ihnen unser Geld zu geben. Könnte ich mich, wie ich mir das ausmale, zur Wehr setzen, ihnen ein paar Kopfnüsse verabreichen und sie verbal so zurechtweisen, dass sie fortan am Samstagabend kaum noch wagen werden, Wetten, dass zu sehen - oder läge ich bald schutzlos am Boden, fürchtend, die Investition meiner Eltern in meine Zahnkorrektur habe sich wohl nicht gerechnet?

3 Kommentare:

Michaela hat gesagt…

Den Fahrradklau, den kenne ich auch ganz gut. Drei Stück innerhalb von zwei Jahren und jetzt habe ich aus Prinzip keines mehr.

Es gibt da aber noch ganz andere Klaus: Alte Frauen, die sich einen besonderen Seniorenrabatt sichern und einfach mal eine Nagelschere einstecken. Womit sie mir auch gleich die Worte und mein Wehrpotential klaute. (Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass einige Tage zuvor eine Moralpredigt voraus ging, ich würde sie nicht ganz für voll nehmen, weil sie alt sei. Welch schmerzliche Ironie!)

Somit ist aber die Frage geklärt, wie ich mich verhalten würde, wenn ich nach Jahren mein Fahrrad wieder entdecken würde.

Mariana hat gesagt…

Falls ich die Frau mit MEINEM Velo wieder sehen würde, habe ich vorsorglich die Rahmennummer dabei (auswendiggelernt) und würde sie, die Frau samt Velo, fotografieren, sie dann bis zu ihrer Haustüre verfolgen, dann die für meine Anzeige zuständige Mitarbeiterin der Polizei benachrichtigen, die dann bestimmt mit Blaulicht und Verstärkung angedüst kommt und die Frau verhaftet. Juristische Fachtermini kann sich die dann für die Gerichtsverhandlung überlegen. Soviel zu meiner Strategie.

Philippe Wampfler hat gesagt…

Gut - nun bin ich überzeugt: So kann man nur Erfolg haben!